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Norbert Ebel
RICHARD. SPIELVERDERBER

Uraufführung

Für Kinder ab 8 Jahren

Fotos link

Besetzung:
Regie:
Ausstattung:
Dramaturgie:
Manfred Gorr
Harry Behlau
Jürgen Sachs
RICHARD. SPIELVERDERBER

es spielen:

Anne Margarete Greis,
Sascha Oliver Bauer,
Florian Federl,
Michael Köckritz



Stück:

Nichts sehnlicher wünscht sich der kleine Richard als ein Pferd, denn was ist schon ein Ritter ohne Pferd. Aber seine Familie und seine Spielgefährten lachen ihn nur aus, denn was will schon ein „Krüppel“ mit einem Pferd. Da erkennt Richard: Wenn Bitten nicht helfen und die körperlichen Kräfte nicht genügen, muss jemand wie er zu anderen Mitteln greifen, um ans Ziel seiner Wünsche zu gelangen.

Und so bringt er durch ein kluges Geflecht aus Verstellung, Lüge und Intrige und ohne Rücksicht auf mögliche Opfer schließlich doch den schönen Rappen in seinen Besitz, der eigentlich für seinen Bruder George bestimmt war…



Die Historie von Richard III. zählt sicherlich zu Shakespeares blutrünstigsten Königsdramen. Und kaum ein Dramenheld ist fieser als dieser. „Von der Natur um Bildung falsch betrogen“, so heißt es im Eingangsmonolog, beschließt Richard, Herzog von Gloucester „ein Bösewicht zu werden“. „Richard. Spielverderber“ erzählt von einer Kindheit, die einem solchen Entschluss die Nahrung gab.

Norbert Ebel Norbert Ebel war von 1997 bis 1999 Dramaturg am Hessischen Landestheater und ist weiterhin regelmäßig als künstlerischer Mitarbeiter der Hessischen Kinder- und Jugendtheaterwoche „Theater sehen – Theater spielen“ in Marburg tätig. Er lebt heute als freier Autor in Düsseldorf.

Einige seiner Stücke wurden bislang in Marburg gezeigt, so z.B. die Uraufführung des inzwischen auch international bekannt gewordenen weihnachtlichen Krippenspiels „Ox & Esel“. „Richard. Spielverderber“ entstand als Auftragsarbeit für das Hessische Landestheater Marburg.






Pressestimmen:

Oberhessische Presse

Pudding in den Beinen, Grütze im Kopf

Eine Welturaufführung zum Spielzeitstart – darauf kann das Hessische Landestheater Marburg stolz sein: Norbert Ebels „Richard. Spielverderber“ war am Samstag erstmals im Theater am Schwanhof zu sehen. Marburg. Wer Pudding in den Beinen hat, muss Grütze im Kopf haben. So viel wissen Zehnjährige längst, denn die harte Schule des Lebens beginnt früh: im Kampf mit älteren Geschwistern, stärkeren Spielplatzbekanntschaften und dominanteren Klassenkameraden. Was Zehnjährige sowie die sehr viel jüngeren Jungen und Mädchen, die von kulturell wohlmeinenden Marburger Eltern mit dem Theater bekannt gemacht werden, sicherlich nicht wissen: Wer war Richard? Wer war William Shakespeare? Keine leichte Aufgabe für Norbert Ebel also, einen Stoff zu entwerfen, der die historisch-literarischen Bezüge wahrt und gleichzeitig verständlich ist aus kindlicher Sicht. Junge Theaterbesucher fragen sich da zunächst einmal: Was ist das für einer, der sich da mit einem Rollator, Modell Spätmittelalter, über die Bühne schleppt, die Rechte zur Krüppelpranke krümmt und offensichtlich beim Versteckspiel das ewige Opfer ist? Nun ja, ein von der Natur benachteiligter Junge eben, der im Jahr 2009 wohl in einer integrativen Klasse beschult und ein seinen intellektuellen Fähigkeiten entsprechend gutes Abitur hinlegen würde. Doch Jung-Richard braucht mehr als einen formidablen Intelligenzquotienten, denn er lebt im 15. Jahrhundert und kann nur bestehen, wenn er seinen Grips zur Intrige nutzt.

Sascha Oliver Bauer verschwendet von Anfang an keinen Moment damit, seinen Richard wie einen einigermaßen normal heranwachsenden Jungen wirken zu lassen. Grimmig und verschlagen ist er, mit einer großen Portion Wut im Bauch über sein Schicksal und die kindlich-direkte Härte der anderen ihm gegenüber.

Mit naiv-unbeschwerter Pippi-Langstrumpf-Attitüde steigt Anne Margarete Greis ein ins Spiel, Richards Bruder George (Florian Federl) hält sich wahrscheinlich allein aufgrund seiner körperlichen Überlegenheit für etwas Besseres. Freund Buck (Michael Köckritz) schließlich macht alles mit – solange das Spiel Spaß macht, und er nicht immer die undankbareren Rollen zugedacht bekommt. Dass Richard, George, Buck und Anne da den Rosenkrieg nachspielen, das historische Drama ihrer Elterngeneration, deutet sich in „Richard. Spielverderber“ für unbedarfte Zuschauer nur vage an.

von Carsten Beckmann




MNZ

Kleiner Tyrann manipuliert perfekt
Uraufführung von „Richard. Spielverderber“

Mit der Uraufführung des Stücks „Richard. Spielverderber“ ist das Hessische Landestheater (HLTH) in Marburg am Samstag in die Spielzeit 2009/2010 gestartet. Das Historienspiel von Norbert Ebel, „ganz entfernt an Shakespeare erinnernd“, wie es im Untertitel heißt, ist in doppelter Hinsicht ein Vorspiel: Es eröffnet die Spielzeit vor der Premiere der Inszenierung von „Leben und Tod König Richards III.“ am kommenden Samstag und es erzählt eine Geschichte, die vor Richards Zeit als König liegt.

„Aber das sollte doch alles nur ein Spiel sein!“ Was die Zuschauer wissen oder ahnen, dämmert irgendwann auch den Spielgefährten auf der Bühne: Es ist längst kein Spiel mehr, es ist Ernst. Todernst wird es sogar werden, einige Jahre später. Noch aber mordet Richard von Gloucester nicht, um als Erwachsener auf den englischen Thron zu gelangen, noch ändert er „nur“ die Spielregeln, um als Kind das zu erreichen, was er will. Die Entwicklung hin zum Shakespeare’schen Schurken ist für Autor Norbert Ebel vorprogrammiert. Richard habe, um überleben zu können, zwangsläufig zum Raubtier werden müssen. Sein „Richard. Spielverderber“ ist eine Auftragsarbeit für das HLTH, das ein thematisch passendes Kinderstück zur Inszenierung von „Leben und Tod König Richards III.“ haben wollte.
Herausgekommen ist dabei keine neue, kindgerechte Version des bekannten Stoffes, sondern eine ganz neue Geschichte aus der Kindheit des späteren Königs. Richard, von den Spielgefährten „Rick“ genannt, wünscht sich nichts sehnlicher als ein eigenes Pferd. „Was willst denn Du humpelnder Zwerg mit einem Pferd?“, spottet Bruder George angesichts der Behinderung von Rick. Der beschließt die Spielregeln ein wenig zu ändern, um zu bekommen, was er will. Das gerät auf der Bühne zu einem Spiel mit doppeltem Boden, und das Bühnenbild, in dem die grünen Hügel Englands Klappen haben, in denen Darsteller und Requisiten verschwinden können, spiegelt dies bildlich wieder.
„Es gibt nur eine Regel: Es ist Krieg“, gibt Rick zu Beginn des Stücks als Parole aus. Gerade ist er auf einem mittelalterlichen Gehwägelchen hinter den Zuschauern hervor gerollt, beim Versteckspielen wie immer benachteiligt. Dann beginnen Rick, Bruder George, Kusine Anne und Freund Buck, Krieg zu spielen – zunächst den Krieg, den sie selbst miterlebt haben. Auf diese Weise erfährt der Zuschauer wie in Rückblenden etwas von der zugrunde liegenden Shakespeare’schen Historie.
Von Anfang an ist dieses Spiel aber auch Mittel zum Zweck für Rick und der Krieg wird zu seinem Krieg. Der kleine Tyrann manipuliert und intrigiert schon wie ein Großer. Sascha Oliver Bauer verkörpert aber auch die Verletzlichkeit und die Verletzungen eines Jungen, der doch nur so sein will wie alle anderen und deshalb mehr sein muss als sie.
Wenn er erfährt, dass nicht er, sondern George ein Pferd zum Geburtstag bekommen soll und mit brechender Stimme flüstert: „Aber er hat’s doch mir versprochen“, herrscht beklommene Stille unter den Zuschauern. Die Jüngeren mögen die klugen Anspielungen des Stückes und den historisch-literarischen Hintergrund noch nicht verstehen, einen emotionalen Zugang ermöglicht die herrliche Inszenierung von Manfred Gorr (Regie) und Jürgen Sachs (Dramaturgie) aber vielleicht gerade ihnen.
Sascha Oliver Bauer und Anne Margarete Greis als Anne, Florian Federl als George sowie Michael Köckritz als Buck halten die Balance zwischen kindlicher Spielfreude und schauspielerischem Ernst perfekt. Das Ensemble wurde vom Premierenpublikum mit großem Applaus bedacht.

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